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> Reisenotizen


Vollmond in Dahab
(Sinai 1986)


Staub weht warm aus dem Wüstengebirge der Sinai-Halbinsel. Hinter dem Grenzübergang von Taba warten Sammeltaxis. Trotz ihres klapprigen Zustands sind sie die schnellste Verbindung zum Katharinenkloster am Berg Sinai und zwischen den drei Oasen am Golf von Akaba.

Dahab auf dem Sinai 1986

Dahab auf dem Sinai im März 1986

Dahab - ein Beduinendorf, das sich mit einer Reihe halboffener Palmenbauten und Strohhütten auf die ersten Rucksacktouristen einstellt - bietet Spaghetti, Tee und Backgammon vor einer grandiosen Kulisse. Pünktlich zum Vollmond füllen sich die Hütten mit Besuchern, die von Israel in die Wüste kommen. Vier Nächte lang sitzen Menschen andächtig versunken am Strand. Vier Nächte lang erhebt sich der Mond gleich einer gelb illuminierten Scheibe aus dem Roten Meer, bis er als riesiger runder Ball über dem Meeresspiegel steht, langsam an Höhe gewinnt und wieder auf das gewohnte Maß schrumpft. Neonweiß, unnahbar und schön.



Buddhas in Glocken
(Java 1993)


Verwaschen taucht der Tempel von Borobudur auf einem Hügel zwischen Palmen, Zuckerrohr- und Reisfeldern auf. Der Morgennebel hält eine für diese Region angenehme Kühle bereit. Sie lässt die Haare auf den Armen zu Berge stehen. Still und erhaben liegt die riesige buddhistische Tempel-Anlage aus dem 9. Jahrhundert im Dämmerlicht.

Eine Steintreppe führt durch fein behauene Torbögen über sechs rechteckige Plattformen nach oben zu den Stupas - den Steinglocken -, die auf drei Ebenen dicht an dicht im Kreis gebaut sind.

Obere Terassen des Borobudur mit Stupas

Blick von der oberen Terrasse des Borobudur in der Morgendämmerung.

In jeder der 72 Glocken sitzt verborgen ein kleiner Buddha. Es bringt Glück, die Finger und Füße der Buddhas in den Glocken zu berühren und jeder, der es hier hoch geschafft hat, steckt als erstes seinen Arm in eine Steinglocke, bevor er andächtig in Schweigen versinkt. Weit geht der Blick über das Tal und man muss nicht Buddhist sein, um eine Ahnung von der "Welt der Fixierungslosigkeit" zu bekommen, die diese kreisförmigen Ebenen repräsentieren. Die alles überragende Stupa in der Mitte der Glockenkreise ist leer. Sie symbolisiert das Nirwana, die unbedingte, völlige Ruhe, mit der der Daseinskreislauf nach der buddhistischen Lehre zu seinem Ende kommt.

Borobudur Buddha

Meditierender Stein-Buddha im Tempel von Borobudur.



Über Jahrhunderte lag der Borobudur begraben unter vulkanischer Asche. Die Freilegung und Restaurierung des Tempels offenbarte den detailgenauen Einfallsreichtum der Erbauer. Das gesamte Monument ist angelegt als ein buddhistisches Abbild des Kosmos: es beginnt mit dem alltäglichen Leben, der Welt der Leidenschaften und Wünsche und windet sich über acht Ebenen hoch ins Nirwana. Fünf Kilometer misst der Weg um die Galerien. Er führt an 1500 Reliefplatten entlang, die wie ein Bilderbuch die buddhistische Lehre und Aspekte des javanischen Lebens vor tausend Jahren wiedergeben. Schiffe und Elefanten, Musiker und tanzende Mädchen, Affen und Gänse, Kämpfer und Könige ziehen vorbei. Von den offenen Balkonen oberhalb der Galerien blicken derweil vierhundert stille Buddhas ins Tal hinab, in dem ein neuer Tag anbricht.

Graf Draculas Zuhause
(Schottland 1995)


Sandstrände, eindrucksvolle Steilklippen, dazwischen malerische Badestellen - die Bay of Cruden macht ihrem Namen keine Ehre. Der leitet sich von dem gälischen croju-dane ab, was "Gemetzel der Dänen" heißt. An dieser Stelle versuchte im Jahr 1012 ein dänisches Heer unter Führung des späteren englischen Königs Knut nach Schottland einzudringen und wurde blutig zurückgeschlagen.

Draculas Schloss

Slains Castle an der Cruden Bay

Doch nicht nur die Dänen veranstalteten hier Blutrünstiges. Im Norden der Bucht, dicht an einer steilen Klippe, liegt die Ruine von Slains Castle. Dieses Anwesen diente dem irischen Schriftsteller Bram Stoker als Vorlage für Schloß Dracula. Von 1893 bis 1910 verbrachte Stoker seine Sommerferien in der Cruden Bay, mietet sich ein Landhaus in dem winzigen Ort Wynniefold und schrieb seinen Roman "Dracula". Wenn er an den Klippen entlang wanderte, fiel sein Blick unweigerlich auf Slains Castle. Den damaligen Besitzer, Earl of Erroll, besuchte Stocker oft. Slains Castle war zu diesem Zeitpunkt ein klassizistischer Prachtbau mit Kupferdach und Granitfassaden. Erst 1925 geriet der Eigentümer in Geldnot, verkaufte zunächst das Mobiliar und dann das kupferne Dach. Das verwandelte Schloss Dracula rasch in eine Ruine.

Vom Hafen des Badeorts Cruden Bay führt ein schmaler Pfad die Steilküste hoch zur Ruine. Ein Besuch lohnt sich schon wegen der zerklüfteten Steilklippen. Knoblauchkranz und Holzpfahl füllen den Rucksack umsonst. Der Ort wirkt friedlich, zumal wenn die Sonne den wolkenzerrissenen Himmel beiseite schiebt und das kniehohe Gras zu einer Verschnaufpause an den Klippen einlädt. Der blutsaugende Graf Dracula geistert hier höchstens bei Nacht, wenn er nicht gleich in den rumänischen Karpaten am Borgopass bleibt.

Klo des Jahres
(Schottland 1995)


Toilettenwettbewerb

Die Engländer sind bekannt für Skurrilitäten und seltsame Wettbewerbe. Die Schotten - um bei der alle über einen Kamm scherenden Verallgemeinerung zu bleiben - sind da nicht anders. In Aberdeens altehrwürdigem King's College, einer katholischen Universität, die 1495 gegründet wurde, gibt es neben einer Kapelle mit Schottlands letztem Eichengestühl aus dem 16. Jahrhundert auch eine für jedermann zugängliche Toilette. Frei von halbwegs intelligenten Schlagabtäuschen rund um die Toilettenkabine, die den Besuch von Uni-Klos normalerweise unterhaltsam machen, informiert das neben dem Waschbecken angeschraubte Schild über die sterile Sauberkeit: dieser Abort wurde zum "Klo des Jahres 1992" gekürt.


Barbie heiratet
(Kalifornien 1997)


Das Pink der Ledersofas in der Eingangshalle ist zum Kreischen grell. Es erinnert mich an einen Plastikkoffer aus Kinderzeiten, in dem Barbies Garderobe verstaut war. Der Koffer gehörte meiner jüngeren Schwester. Er war ein von mir neidvoll umkreistes Objekt, ihm drohte ständig die Enteignung und er war ein echter Zankapfel.

Hochzeitshotel Kalifornien

Hochzeitshotel "Madonna's Inn" bei Santa Barbara

Dennoch hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass jemand freiwillig ein ganzes Haus in diesem Barbie-Pink einrichtet, und dann auch noch ein Hochzeitshotel, in dem andere Leute ihre Flitterwochen feiern sollen. Als Einstimmung auf ein gemeinsames Leben würden mir hier schwere Bedenken, wenn nicht gar Alpträume kommen. Doch Gäste und Manager des Hotels, das den Namen "Madonna's Inn" trägt, schweben stolz durch das Plastikparadies und geraten in Verzückung angesichts der pink-rosa Toiletten mit Goldhähnen. Meine Barbie-Puppe hätte sich hier auch wohl gefühlt. Da bin ich mir ganz sicher. Mit ihrem pinkfarbenen Koffer hätte sie allerdings nicht mehr einziehen können, denn der landete irgendwann auf einem Flohmarkttisch.




 
 

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© nicole zöllner phone (040) 500 187 44 e-mail: zoellner@das-triffts.de

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